Ich wecke Dich mit dem Duft meines
Aus den tropischen Zonen Chinas Stammende
hast die Gärten der Semiramis des alten Babylons in eine Wolke der Verführung gehüllt.
Aus den tropischen Zonen Indiens Stammende
hast Cleopatra im alten Ägypten in eine verführende Wolke gehüllt.
Aus den tropischen Zonen Burmas Stammende
hast Kaiser und Kalifen Deine Früchte dem Volk vorenthalten lassen.
In Rom und Pompeji die Hallen Schmückende
hast den Kaisern gehört und deren Jungfrauen betört.
In Asiens tropischen Zonen Blühende
hast Dich von Alexander dem Großen auf seinen Feldzügen rauben lassen.
In Amerika Lesers Sehnsucht Weckende
hast Dich von Henry Miller beschreiben lassen in seinen "Orangen des Hieronymus Bosch".
In Russlands Hörern Träume Weckende
hast Dich von Arcimboldi in eine Allegorie malen lassen - wohl wissend: Deine Früchte reifen im Winter.
In Versailles der Ergötzung Dienende
hast Dich sogar im Winter wärmen lassen - wohl wissend um Deine Empfindlichkeit.
In Deutschland nach fremdschönen Ländern Fragende
hast Deinen Zauber von Goethe erwecken lassen - "... im dunklen Laub die Goldorangen glüh´n".
In meinem Haus Stehende,
viele kleine Blütchensterne Tragende,
je zwanzig Staubblätter Schützende,
je fünf zartweiße Kelchblätter Umhüllende,
den süßlich-betörenden Duft Verströmende
hast die Sehnsucht nach Kreta geweckt in mir.
Kaum hab ich Deine letzten Früchte verzehrt,
standest Du schon wieder knospend vor mir.
Kaum hab ich den unvergesslichen Duft begehrt,
verströmst Du Deinen Nektar für Mensch und Tier.
In meinem Haus stehend, die Menschen erfreuend,
zeigst Du mir heute -
es ist wieder soweit -
zuende ist endlich die Winterzeit.
Vor meinem Haus stehend, die Sonne genießend,
die Bienen erfreuend,
meine Träume weckend
wirst Du hundert Jahre alt werden.
Donatus Angele, 29. April 1999
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